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Germany made in USA – Wie US-Agenten Nachkriegsdeutschland steuerten

17. Oktober 2009

Eine leider noch immer viel zu unbekannte Dokumentation ist der Film „Germany made in USA“. Besonders für klassenkämpferische ArbeiterInnen und GewerkschafterInnen (nicht nur die AnarchosyndikalistInnen) bietet er reichlich Material zur Eigenbildung sowie zur öffentlichen Aufklärung.

In Interviews mit Beteiligten und anderen Dokumenten veranschaulicht Joachim Schröder wie der Wiederaufbau Deutschland nach dem 2. Weltkrieg von den USA forciert wurde und welchen Einfluss sie dabei auf die wieder entstandene Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung nahm. Durch Gelder und „richtige Leute“ sollte die klassenkämpferische Richtung im reformistischen Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) klein gehalten werden. Auch wenn dabei im Film von „den Kommunisten“ die Rede ist, ist klar dass sich die Politik der USA gegen jegliche klassenkämpferische, antikapitalistische Richtung in der Gewerkschaftsbewegung richtete.

Eine detaillierte Beschreibung der Gründung der Gewerkschaften in Deutschland gibt Rüdiger Rose in seinem Aufsatz „Die Gründung der Gewerkschaften in Deutschland nach 1945“. Darin fasst er die Rolle der Besatzungsmächte so zusammen: „Eine Behinderung bzw. Verzögerung und Manipulation gewerkschaftlichen Aufbaus durch die Westmächte muß als historisch belegte Tatsache gelten.“

Weiterführende Links:

Der Aufsatz von Rüdiger Rose: „Die Gründung der Gewerkschaften in Deutschland nach 1945“

Der Film „Germany made in USA“ auf Youtube

Teil 1

Teil 2

Teil 3

Teil 4

Teil5

Dokumentation der Filmbeschreibung

Germany made in USA – Wie US-Agenten Nachkriegsdeutschland steuerten.

Der Krieg ist vorbei. Deutschland gleicht einem Trümmerhaufen. Doch schon bald setzt der Wiederaufbau ein – initiiert und tatkräftig unterstützt von den Allierten, allen voran den USA. Luftbrücke für die Berliner, Care-Pakete und Marshall-Plan sind die Mittel. Was aber ist das Ziel?

John McCloy, ab Juli 1949 US-Hochkommissar für Deutschland, sah seine Aufgabe klar umrissen: Er hatte den Auftrag, einen lebensfähigen westdeutschen Staat aufzubauen und in das westliche Militärbündnis Nato zu integrieren. Es ging um die Wiederherstellung der Demokratie – nach dem Modell der Vereinigten Staaten.

Bislang unveröffentlichte Dokumente enthüllen darüber hinaus aber auch einen “Psychologischen Strategieplan für Deutschland”. Der Plan war “top secret”; sein Deckname lautete “Pocketbook”. Die Drahtzieher waren keine Politiker, sondern US-Agenten. Gesteuert und finanziert wurde die Kampagne von der CIA. Der US-Geheimdienst beeinflusste die deutsche Kulturszene, unterstützte Medien, baute die Gewerkschaften auf und bezahlte Politiker.

Thomas Braden, Ex-Abteilungschef der CIA, hat die Aktivitäten koordiniert. Im Rückblick beurteilt er die CIA-Finanzierung westdeutscher Politiker so: “Ich bin froh, dass die CIA unmoralisch war, denn wir hatten den Kalten Krieg zu gewinnen.”

Mit Beginn des Kalten Krieges hatte die “Umerziehung der Deutschen” neben dem Aufbau der Demokratie noch einen weiteren Zweck zu erfüllen: Westdeutschland sollte vor dem Zugriff der Sowjetunion geschützt werden. Die Botschaft lautete: Der Kommunismus ist genauso gefährlich wie der Nationalsozialismus. Vermittelt wurde sie u. a. von dem späteren US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski, der Anfang der 50er Jahre als Co-Autor ein auch in Deutschland veröffentlichtes Buch über totalitäre Diktaturen schrieb.

Anfang der 50er Jahre wird eine “Kulturoffensive” gestartet. Zu ihrem Instrumentarium gehören auch die Amerika-Häuser, die in den westdeutschen Großstädten ein positives Bild der USA vermitteln sollen. Bibliotheken werden errichtet, belastete deutsche Künstler durch amerikanische oder internationale ersetzt. In Berlin findet im Juni 1950 der erste “Kongress für kulturelle Freiheit” statt. Er soll ein Forum für die demokratische, nichtkommunistische Linke in Europa sein.

Ziel ist es, die deutschen Nachkriegsintellektuellen ins westliche Lager einzubinden und langfristig den Neutralitätsgedanken innerhalb der SPD zu diskreditieren. Das Geld für den Kongress stammt von der CIA. Ebenso wie die Mittel für die Zeitschrift “Der Monat”. Die “internationale Zeitschrift für Politik und geistiges Leben” wird über Nacht zum großen Kulturereignis – und zum schärfsten, intellektuellen Kritiker des Kommunismus.

Aber auch die amerikanischen Gewerkschaften übernehmen eine entscheidende Rolle in der Deutschlandpolitik der USA. Sie sollen die deutsche Arbeiterschaft kontrollieren, die nach Kriegsende zu 40 Prozent gewerkschaftlich organisiert ist – mit einem hohen Anteil von Kommunisten. Wieder ist es die CIA, die die Aktionen lenkt. CIA-Agenten gründen ein “Internationales Komitee für Freie Gewerkschaften”, das den Aufbau freier unabhängiger Gewerkschaften in Westeuropa fördern soll.

Die amerikanischen Gewerkschaftsvertreter halten engen Kontakt zu verschiedenen Verlagshäusern, sponsern Veröffentlichungen und sind u.a. bei der Finanzierung einer Großdruckerei behilflich. So kommt es, dass wichtige außenpolitische Aktivitäten der USA nicht von der amerikanischen Regierung gelenkt werden.

Der Einfluss der CIA reicht bis in die Spitzen der deutschen Politik. Neben der selbstverständlichen Unterstützung konservativen Politiker wird über die Gewerkschaften auch auf die SPD-Führung Einfluss ausgeübt.

Thomas Braden: “Ich weiß, dass Willy Brandt Geld von der CIA erhalten hat. Und überhaupt war es so. Benötigte irgendein deutscher Politiker mit demokratischen Absichten Hilfe und Unterstützung gegen die Kommunisten, hätte ihm die CIA geholfen.”

Soweit bekannt, haben deutsche Nachkriegspolitiker wie Willy Brandt aus der Annahme von CIA-Geldern keinen persönlichen Vorteil gezogen, sondern sie für Wahlkampagnen und Unterhalt des Parteiapparates verwandt. Auf jeden Fall aber hat die materielle Unterstützung die Verbindungen zu den USA gestärkt.

Germany made in USA? Sicher, im Sinne einer erfolgreichen Demokratisierung. Wie weit die Amerikanisierung Deutschlands darüber hinaus gediehen ist, mag jeder für sich selbst beantworten. Das gehört zur ganz persönlichen Meinungsfreiheit in einer Demokratie, zu der die USA Deutschland mitverholfen haben – wenn auch unter abenteuerlichen Umständen.

Joachim Schröders Dokumentation enthält zahlreiche Originalzitate aus geheimen Dokumenten und Interviews mit amerikanischen Topbeamten (u.a. mit Zbigniew Brzezinski) und Topagenten, die weitere Einzelheiten enthüllen.

Film von Joachim Schröder.

Ein Beitrag vom WDR (1999)

2 Kommentare leave one →
  1. Anarchosyndikalist permalink
    18. Oktober 2009 03:32

    Habe hier mal die ganze Serie vorgestellt.
    Der relevante und zu der hier dargestellten Praxis der USA im Nachkriegsdeutschland ist der 4., vor und während des 2. Weltkrieges.
    Die anderen sind von allgemeinem Interesse.

    Jeder Serientitel hat 5 Teile, der Link ist jeweils der erste.

    Deutsche in Amerika 1 – Ins gelobte Land
    ab 1830 bis zum Goldrausch

    Deutsche in Amerika 2 – Der Preis der Freiheit
    Die üblen Machenschaften des „Mainzer Adelsvereins“ mit den Sehnsüchten der Freiheitskämpfer aus Deutschland in Texas
    Der Ex-Adelige Mäusebach, der von den Kommanschen Häuptling „Rote Sonne“
    genannt wurde, schloß einen Friedensvertrag, der einzige Vertrag mit Indianern der bis heute nie gebrochen wurde und bis heute gefeiert wird. Die Deutschen verabscheuten die Ausbeutung durch Sklaven. Dann stürzt der Bürgerkrieg diese Auswanderer in ein Dilemma und sie werden blutig verfolgt. Ein Denkmal erinnert bis heute an „Die Treuen der Union“, den Kämpfern aus der Kolonie der Freidenker.

    Deutsche in Amerika 3 – Little Germanies
    Die Selektion der Einwanderer damals spiegelt die Menschenverachtung wieder. Kranke und politische Radikale und Anarchisten werden wieder abgeschoben. Bitterste Armut und Seuchen. Viele altgediente 1848-Revolutionäre schaffen es zu fliehen und doch in Amerika einzuwandern. Deutschsprachige Zeitungsgeschichte in den USA. Und das ewige Elend der ArbeiterInnenklasse, aber auch ihre Lebensfreude. In der Armee der Nordstaaten kämpfen die alten 1848er für die Beseitigung des teuflischen Sklavensystems. 1904 gellen Schreie über den East River. Die Schreie von Ertrinkenden. Die „General Slocum, ein Ausflugsdampfer, ist auf dem Weg nach Long Island. An Bord sind hauptsächlich Familien aus New Yorks Little Germany. Über 1100 Deutsche, davon 500 Kinder, finden an diesem Frühsommertag den Tod.
    Leider kein einziges Wort über die deutschen AnarchistInnen in Chicago!

    Deutsche in Amerika 4 – Ein Volk wird unsichtbar
    Die antideutsche Stimmung im 1. WK wird ebenfalls kurz beschrieben. Verhaftungswelle, Sprachverbot und Bücherverbrennungen.
    Es wird das Schicksal der Flüchtlinge aus Deutschland nach dem Beginn des Naziregimes nachgezeichnet. 1/4 wird abgewiesen, meist die Armen. Jüdische Flüchtlinge werden mit den deutschstämmigen Nazis in den USA in einen Topf geworfen. Mussten Strafarbeit gemeinsam mit überzeugten Nazis, die in amerikanische Kriegsgefangenschaft gerieten, leisten.

  2. syndikalismusTV-Reparaturservice permalink
    27. November 2010 02:01

    Leider ist der Youtubekanal im Artikel tot, weil tot.
    Also falls mal jemand beim Archivstöbern wieder hier landet:
    Hier unsere bequeme Playlist

    http://www.youtube.com/view_play_list?p=C5387506F48585E0

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